Queerklagenfurt, der Verein hinter der Regenbogenparade, zieht ein gemischtes Fazit der Pride Demo am 26. Juni. Einerseits war die Regenbogenparade ein voller Erfolg: Etwa tausend Menschen demonstrierten für Vielfalt und Antidiskriminierung. Andererseits kam es vor, während und nach der Parade zu Beschimpfungen und Übergriffen. Diese Vorfälle werden nun genau dokumentiert.
„Wir zählen inzwischen fast 20 Fälle von LGBTIQ+-Feindlichkeit, die uns über die sozialen Medien zugetragen wurden“, so Erec Gellautz, Mitglied bei Queerklagenfurt. „Das Spektrum reicht von Beschimpfungen und Verhöhnungen, über Verfolgung von Parade-TeilnehmerIinnen auf dem Heimweg, Anspucken, am Kragen packen, Sachbeschädigungen bis hin zur Drohung auf Sozialen Medien. Diese Meldungen machen uns sehr betroffen, insbesondere wenn Jugendliche, die zum ersten Mal eine Pride besuchen, zum Opfer werden!“
Damit die Opfer von queerfeindlicher Gewalt nicht alleine dastehen, ist seit wenigen Tagen ein Meldeformular aus der Community online: https://www.queerinthia.com/vorfallmelden
„Wir müssen uns derzeit wirklich selbst helfen, weil Minderheiten aktuell zu wenig Schutz in Österreich haben“, so die Drag Queen Syphia Lis. Das Meldeformular, in das sich Betroffene eintragen können, wird auf der Webseite der Kärntner ‚Drag and Pup Community‘ Queerinthia gehostet. „Queerinthia und Queerklagenfurt sammeln die Vorfälle gemeinsam um sie anonymisiert an den Nationalratsabgeordneten Mario Lindner weiterzuleiten“, so Syphia Lis. Der SPÖ-Gleichbehandlungssprecher trägt Fälle queerfeindlicher Gewalt zusammen mit dem
Ziel auf Bundesebene einen besseren Schutz vor Diskriminierung für LGBTIQ+ durchzusetzen.
Queerklagenfurt und Queerinthia rufen alle TeilnehmerIinnen der Parade auf, über das Meldeformular diskriminierende und queerfeindliche Vorfälle mitzuteilen. „Es ist wichtig die Gewaltfälle sichtbar zu machen“, so Hannah Tomasi von Queerklagenfurt. „Die Vorfälle zeigen, dass wir dringend institutionelle Beratungsstellen, offizielle Ressourcen und Ansprechpersonen in unterschiedlichen Instanzen brauchen, an die wir uns mit unseren Bedürfnissen wenden können.“
Die Vorfälle auf der Klagenfurter Pride Demonstration stehen nicht isoliert. Es sind keine Einzelfälle. 2021 wurden mehrere Regenbogenflaggen in Österreich angezündet. Auch an der Regenbogenflagge vor dem Klagenfurter Rathaus fanden sich Spuren eines Manipulationsversuchs an der Aufhängung. „Sie war aber glücklicherweise gut gesichert und wurde nicht beschädigt“, so Erec Gellautz. In Linz wurde ein Regenbogenzebrastreifen mit queerfeindlichen Parolen beschmiert. Bei der Pride-Kundgebung in Bregenz am vergangenen Wochenende wurden Schüsse aus einer Schreckschusspistole abgefeuert. „Derartige Vorfälle führen zu einem Gefühl der Unsicherheit und machen Angst vor weiteren Übergriffen. Hier sind Politik und die Zivilgesellschaft gleichermaßen gefragt Haltung zu zeigen und Grenzen zu ziehen“, so Gellautz.
Mit großem Unverständnis betrachtet die Klagenfurter Community auch die pseudo-„patriotischen“ Postings und Statements der freiheitlichen Jugend in Kärnten und Wien. „Deren Wortwahl zeugt von Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit“, so Erec Gellautz. „Was verstehen ‚PatriotenIinnen‘ unter Heimat, außer der Ausgrenzung von Mitmenschen, die als ‚nicht normal‘ markiert werden? LGBTIQ+ waren immer ein Teil der Gesellschaft. Dass wir nun sichtbarer sind und weiterhin für gleiche Rechte demonstrieren, bedeutet nicht, dass irgendeiner heterosexuellen Person etwas weggenommen wird. Im Gegenteil: Wenn alle sich so entfalten können, wie sie sind, ist das ein gesamtgesellschaftlicher Gewinn. Wir finden es erschütternd und beschämend, dass aus der FPÖ keine Abgrenzung zu den minderheitenfeindlichen Statements der Freiheitlichen Jugend in Kärnten und Wien kommt.“ Auch die Klagenfurter FPÖ hat sich nicht von den queerfeindlichen Statements ihrer Landesjugend distanziert. Das passt leider ins Bild: Die FPÖ ist die einzige Partei im Klagenfurter Stadtrat, wie gut informierte Kreise berichten, die den bereits lange geforderten Regenbogenzebrastreifen in der Landeshauptstadt aktiv verhindert. Vorgeblich gehe es dabei um Prüfungen der Verkehrssicherheit, die in die Länge gezogen werden. In anderen österreichischen Städten wie Wien und Villach gibt es bereits Regenbogenzebrastreifen. Von Problemen der Verkehrssicherheit ist indes nichts bekannt.
Foto: Mein Klagenfurt