Anna-Lena Stabentheiner erforschte Klosterchronik und erhält „Preis des Geschichtsvereines für Kärnten und des Landeshauptmannes von Kärnten“. Letzte Preisverleihung von Claudia Fräss-Ehrfeld als Direktorin.
Ihre Arbeit ist oft staubig, aber ganz bestimmt nicht verstaubt. Anna-Lena Stabentheiner ist seit zwei Jahren als wissenschaftliche Archivarin im Kärntner Landesarchiv tätig. Ihre Diplomarbeit an der Universität Wien hat die gebürtige Lesachtalerin, die jetzt in Klagenfurt lebt, über die Klosterchronik der Franziskanermönche aus St. Veit verfasst. Dafür wird sie diesen Mittwoch im neuen kärnten.museum mit dem „Preis des Geschichtsvereines für Kärnten und des Landeshauptmannes von Kärnten“ ausgezeichnet. Die Mönche hatten ihre Chronik zwischen 1740 und April 1783 geführt. Auf 200 Blättern geben sie Einblick in Kirchen- und Stadtgeschichte, aber auch in das damalige Klosterleben. So hatten die Bettelmönche zum Beispiel Touren für die Mostkollekte oder das Sammeln von Schmalz, Fleisch und Kerzen organisiert.
„Mit der Preisvergabe wollen wir den wissenschaftlichen Nachwuchs motivieren und unterstützen. Ausgezeichnet beurteilte Arbeiten von Studierenden zeichnet der Geschichtsverein gemeinsam mit dem Kärntner Landeshauptmann bereits seit 1998 aus“, erklärt Geschichtsvereins-Direktorin Claudia Fräss-Ehrfeld. Das Besondere an der Diplomarbeit von Anna-Lena Stabentheiner ist laut Fräss-Ehrfeld, dass sie eine 211-seitige Edition der von vielen verschiedenen Schreiberhänden hauptsächlich auf Latein verfassten Klosterchronik erstellt hat. Die Preisverleihung bei der am Mittwoch um 17.00 Uhr beginnenden Mitgliederversammlung wird für Fräss-Ehrfeld die letzte als Direktorin sein. Sie wird nämlich nach 25-Jahren ihre Funktion zurücklegen.
Über das Thema für ihre Diplomarbeit ist Anna-Lena Stabentheiner „drüber gestolpert“, wie sie erzählt. „Ursprünglich wollte ich mich mit bischöflichen Visitationsprotokollen beschäftigen. Der damalige Diözesanarchivar Peter Tropper hat mir aber die Franziskanerchronik aus St. Veit vorgestellt und ans Herz gelegt“, sagt sie. Bei der Diplomarbeit betreut wurde sie vom Historiker Martin Scheutz von der Uni Wien. Die lateinischen Textstellen haben ihr viele Tage mit dem Lateinwörterbuch „Stowasser“ eingebrockt, wie Stabentheiner berichtet. Dazu kamen noch die unterschiedlichen Handschriften und von den Mönchen verwendeten Abkürzungen. „Bei manchen kniffligen Stellen hilft es, eine Nacht drüber zu schlafen. Am nächsten Tag lesen sich viele Buchstaben oft ganz anders und plötzlich werden Wörter erkannt, vor denen am Vortag noch Fragezeichen standen“, sagt die junge Forscherin.
Laut Stabentheiner waren die Franziskaner in St. Veit mit ihrer Umwelt eng verknüpft, was sich auch in ihrer Chronik widerspiegelt. So tauchen in den Texten zum Beispiel bestimmte Familiennamen immer wieder auf. Beschrieben sind die Armenausspeisungen ebenso wie die Tätigkeiten der Mönche als Schneider, Bader oder Organisten. Die Chronik erschließt aber auch die Ereignisse um den großen St. Veiter Stadtbrand von 1747 und die von Adel und Bürgern finanzierten Reparaturmaßnahmen. Man bekommt Einblicke in die katholische Konfessionalisierung und Gegenreformation. Viel Raum nehmen verständlicherweise die von Kaiser Joseph II. (1741-1790) und seiner Mutter Maria-Theresia (1717-1780) eingeleiteten Reformen ein. Von ihnen ausgehend wurde nämlich das St. Veiter Franziskanerkloster im Jänner 1794 aufgelöst.
Anna-Lena Stabentheiner will sich nun verstärkt mit den Beständen des Kärntner Landesarchivs befassen, um in der landeskundlichen Forschung Fuß zu fassen. „Daraus sollte sich auch ein geeignetes Dissertationsthema entwickeln“, meint sie. An ihrer Arbeit fasziniert sie besonders, dass viele Bestände nur rudimentär erschlossen sind. „Daher entdeckt man in jeder Schachtel neue Schätze“, beschreibt Stabentheiner. Als Archivarin versteht sie sich als Dienstleisterin für alle Bürgerinnen und Bürger. Das betrifft an Regionalgeschichte und Ahnenforschung Interessierte, Personen auf der Suche nach Servitutsrechten, Bauplänen oder Bescheiden, Forscherinnen und Forscher, aber auch junge Menschen, die für ihre vorwissenschaftlichen Arbeiten ins Archiv kommen.
Infos zum Geschichtsverein für Kärnten unter: https://geschichtsverein.ktn.gv.at/
Foto: KLA/Susanne Gebauer