Nicht nur die Bürger der sensiblen Region stellen sich offen gegen den Plan des Innenministeriums, weite Teile der Südgrenze zum Nachbarn Slowenien mit Grenzzäunen abzuriegeln, auch die Politik (SPÖ, ÖVP, Grüne, NEOS und Enotna Lista, mit Ausnahme der FPÖ) tritt jetzt vereint dagegen auf.
Die Allianz der „Proeuropäischen Kräfte", wie sie sich selbst nennt, will verhindern, dass die gute Nachbarschaft, die über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut wurde, von Wien auf einen Schlag vernichtet wird.
Gabriel Hribar, Vizebürgermeister von Eisenkappel (Enotna Lista), „das Errichten von Zäunen an der Südkärntner Grenze tut slowenischsprachigen Kärntnern und Slowenen im Herzen weh, weil damit das Gefühl des Zusammenwachsens vernichtet wird. Für Hribar steht seit jeher das Gemeinsame vor dem Trennenden. „Grenzzäune haben im Herzen Europas nichts verloren“.
Für SPÖ-Bürgermeister von Neuhaus-Suha, Gerhard Visotschnig, hätte der Grenzzaun auch wirtschaftlich negative Auswirkungen auf den Südkärntner Raum. „Mit dieser Maßnahme würde die langjährige ausgezeichnete grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit einem Schlag vernichtet und die Intention des Geoparkes Karawanken zu Grabe getragen werden.“
Christoph Haselmayer, Sprecher der NEOS Kärnten und sozusagen Auslöser des Widerstands, will über alle Parteigrenzen hinweg die Sachpolitik vor die Parteipolitik stellen. Die Initiative soll "ein Leuchtturm für eine andere Art von Politikverständnis sein". Auch seine Familie ist unmittelbar von den Grenzzaunplänen betroffen. „Es gibt Familien, die aufgeteilt auf beiden Seiten der Grenze leben, wir lassen sie von Wien ganz sicher nicht wieder trennen“, stellt Haselmayer klar. Er geht von weiteren Grundeigentümern aus, die ihre Zustimmung für einen Zaunbau verweigern werden.
Der Grüne Nationalratsabgeordnete Matthias Köchl zweifelt an der Sinnhaftigkeit des Plans des Innenministeriums: „Zäune erfüllen an der Südgrenze nicht einmal den Zweck des ‚Subjektiven Sicherheitsgefühls‘. Das Modell ‚Maschendrahtzaun‘ verkommt zum reinen PR-Gag des Innenministeriums.“ Vom Zaunbau aus Spielfeld sei bekannt: “Jeder Kilometer Grenzzaun kostet uns fast 80.000 Euro Steuergeld!”
Raimund Grilc, ehemaliger Klubobmann der Kärntner ÖVP und Einwohner des Grenzortes Bleiburg, ist Kenner der lokalen Gegebenheiten: „Die Kosten für einen durchgehenden Zaun zwischen den Grenzübergängen Grablach und Raunjaksattel wären reine Geldverschwendung. In diesem Bereich ist in den letzten zwölf Monaten nicht ein einziger Mensch aufgegriffen worden. Wir Bewohner dieser Grenzregion verwehren uns dagegen, dass man uns seitens des Innenministeriums offenbar Sand in unsere wachsamen Augen streuen will, obwohl wir uns gar nicht unmittelbar bedroht fühlen.“
Lösungen
Die parteiübergreifende Initiative sieht auch mehrere Lösungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel eine engere Kooperation mit den Sicherheitsdienststellen im benachbarten Slowenien. „Eine engere Kooperation mit den Sicherheitsdienststellen im benachbarten Slowenien und allenfalls deren personelle und technische Unterstützung wären viel effizienter als jeder noch so hohe Maschendrahtzaun. Außerdem zwingen die geografischen Bedingungen auf slowenischer Seite jeden, die Engstellen bei Poljana bzw. Mežica zu passieren, die beide relativ einfach abzuriegeln sind“, sagt etwa Raimund Grilc. Für die NEOS liegt der Ball bei der EU: „Es gibt nur einen nachhaltigen Lösungsansatz: die Sicherung der Außengrenzen durch Soldaten aus den EU-Mitgliedsstaaten.“ Haselmayer fordert ebenso wie Matthias Köchl menschenwürdige Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen sowie die Wiedereinführung von Botschaftsasyl. Köchl: „Europa ist ein gemeinsamer Raum des Rechts - Grenzzäune im Inneren sind daher abzulehnen. Überprüfungen sollten stattdessen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten stattfinden“. Auch in Bezug auf die Abläufe im Landesinneren gebe es Alternativen: „Statt neue Sicherheitsstrukturen hochzuziehen sind vorhandene Sicherheitsstrukturen - z.B. auf Flughäfen - zu nützen. Ohne Probleme können hier tausende Personen täglich registriert, gescannt und überprüft werden. Flugzeuge sind auch weit günstiger als Schlepper, hier sind entsprechende EU Vorschriften anzupassen.“
Gemeinsamer Appell ans Innenministerium
Es brauche effektive Nachbarschaftspolitik statt dass für einen unnötigen Zaunbau Geld verschleudert werde. „Auch die Kärntner Landesregierung hat sich mit der neuen Bauordnung gegen Grenzzäune positioniert“, betont Köchl. Hribar nennt das Aufstellen von Zäunen „völlig untaugliche Schrebergarten-Politik“. Das Geld sei stattdessen in Exekutive und die Gemeinden zu investieren. Visotschnig fordert dazu auf, die unnötigen Aufbauten zu hinterfragen. „Wir fordern den Innenminister auf, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen“, richtet Christoph Haselmayer Wolfgang Sobotka aus.4
Fotos:Thomas Hude und Krammer