Sebastian Kurz hat es geschafft und die ÖVP erstmals seit 2002 wieder zur stärksten Partei gemacht. Und zwar mit einem Respektabstand zum Zweitplatzierten. Eine historische Leistung. Dem Vernehmen nach fanden erste Verhandlungen mit der FPÖ bereits statt, so dass wir wohl noch im Oktober mit der Bildung einer ÖVP-FPÖ-Regierung unter einem Bundeskanzler Kurz rechnen können. Österreich will Blau-Schwarz II und genau das wird das Land auch bekommen. Es ist zu hoffen, dass dem jungen Kanzler auch ein neuer Schwung und ein neuer Stil ins Land kommt, denn „große“ Koalitionen und ewigen Streit haben die Österreicher offensichtlich satt. Theoretisch möglich, aber nicht wahrscheinlich ist eine Neuauflage der „großen“ Koalition mit der SPÖ als Juniorpartnerin. Weltanschaulich passen ÖVP und FPÖ besser zueinander. Die Blauen, die stark dazugewonnen haben, haben mit der rechnerischen Möglichkeit, auch mit den Roten eine Regierungsmehrheit zusammen zu kriegen, ein Pfund, mit dem sie in den Verhandlungen noch ordentlich wuchern können.
Die SPÖ hat entgegen aller Vorhersagen nicht verloren, sondern sogar leicht dazugewonnen, musste aber hilflos zusehen, wie die ÖVP davonzog. Angesichts der Welle an Skandalen, die den roten Wahlkampf zuletzt überrollte, ist das Ergebnis zwar eine Art Erfolg, aber für eine Partei, die seit Jahrzehnten die stärkste in diesem Land war, trotzdem bitter. Noch vor einem Jahr schien ein hoher Wahlsieg von Christian Kern ausgemachte Sache – so schnell kann sich alles ändern. In der sehr wahrscheinlichen Opposition werden die Roten sich neu orientieren und die vielen Baustellen in Angriff nehmen müssen. Das Profil der Partei war zusehends schwammig geworden. Das Ende der klaren Abgrenzung zur FPÖ hat nichts gebracht und das Mitstimmen bei Sozialabbau-Maßnahmen haben die Wählerinnen und Wähler wohl auch nicht vergessen.
Eine regelrechte Ohrfeige haben die Grünen verpasst bekommen. Wie es derzeit (Sonntag Abend) aussieht, kommen sie womöglich nicht einmal in den Nationalrat. Selbst wenn sie es doch noch knapp schaffen sollten, wurden sie im ganzen Land hart abgestraft. Vermutlich ziehen die Neos und die Liste Pilz ins Parlament ein. Das ist erfreulich, denn so wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit der künftigen Regierung verhindert und eine gewisse Kontroll-Macht der Opposition sichergestellt.
Was hat das Land jetzt zu erwarten? Vermutlich Steuersenkungen, weniger Bürokratie und Kürzungen bei Sozialleistungen. Europapolitisch wird sich Österreich wohl nach Osten orientieren und sich an Ungarn annähern. Die Ausländerpolitik wird restriktiver werden. Nicht nur die Opposition, sondern auch die Zivilgesellschaft wird den neuen Herren im Land jedenfalls genau auf die Finger schauen müssen.
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