Ob jung oder alt, Erkrankung, Unfall, Alltagsschwierigkeiten, Defizite verschiedener Ursachen - in der Ergotherapie geht es darum, Menschen, wieder zurück in den Alltag zu holen, ihnen Stabilität, Sicherheit und Selbstvertrauen zu geben.
Teenies im Fokus
Schon pubertätsbedingt tun sich bei Teenies in ihrer „Umbauphase“ Baustellen, Unsicherheiten auf. Kommen noch weitere Herausforderungen dazu, wie familiäre Krisen oder derzeit coronabedingte Veränderungen, Einschränkungen, Unklarheiten, baut sich schnell ein Defizit auf. „Das führt zu einer ganzen Reaktionskette von Folgestörungen“, weiß Daniela Tüchler, langjährige Ergotherapeutin im Hermann-Gmeiner-Zentrum vom SOS-Kinderdorf. „Zu uns kommen Jugendliche mit Aufmerksamkeitsproblemen, körperlichen Einschränkungen und Entwicklungsstörungen. Da wird ein Alltag zur Hindernisbahn, zum Spießrutenlauf. Ob Schule, Familie, Freundeskreis, nichts geht von leichter Hand.“ Auch viele Jugendliche mit AD(H)S kommen und wünschen sich Hilfen zu Selbstmanagement, Lerntechniken, Vorbereitung auf Klassenarbeiten.
Nicht selten kommen Teenies mit Schulthemen. „Ich hatte jüngst einen Jugendlichen da, mit Schulangst. Die Lehrer haben ihn gestresst, die Eltern, er wurde gehänselt, ein ganzer Rattenschwanz Ungutes kam zusammen. Seine Mitschriften waren komplett unleserlich, somit hinkte er beim Schulstoff permanent hinterher und er wollte gar nicht mehr in die Schule gehen. Wir haben unter anderem intensiv an seiner Feinmotorik gearbeitet, an seinen Unsicherheiten. Heute geht er mit Freude in die Schule, hat Zukunftspläne.“
„I dochte i kon dos net, oba dea schaut eh schon gonz echt aus“, zitierte der Jugendliche seine zeichnerische Darstellung.
Coronagebeutelte Jugend
Ob Freizeitgestaltung, Schule - coronabedingt entstanden „viele Löcher“ für die Jugendlichen, die sich noch immer im „Flickmodus“ befinden. „Mit der Ergotherapie versuchen wir Ressourcen und Werkzeug mitzugeben, um für anstehende Entwicklungsaufgaben gut gerüstet zu sein“. Nach wie vor finden die Coronanachwehen auch bei der Kummerhotline Rat auf Draht bei SOS-Kinderdorf Niederschlag, berichtet Gerald Stöckl, SOS-Kinderdorfleiter Kärnten. "Statt über Liebeskummer, die erste Reise ohne Eltern, schlechte Noten, werden immer mehr Gespräche zu Angstzuständen, Essstörungen und Suizid geführt. Leistungsdruck in der Schule, Wirkungsdruck durch soziale Medien, fehlende Orientierung, da kommt einiges ins Wackeln. Es ist wichtig, dass jungen Menschen die Last genommen wird, dass sie Unterstützung bekommen, wie im Hermann-Gemeiner-Zentrum, oder Beratungsstellen, wie beispielsweise Rat auf Draht.“
Ergotherapie ist kein Allheilmittel
Ergotherapie ist kein Allheilmittel, aber ein Baukasten, der viele konstruktive Lösungen bietet und Erfolgserlebnisse erlebbar macht. „Bei der Ergotherapie passiert vieles noch spielerisch, vieles im Dialog, da wird angepackt, da passiert aktiv was. Wenn das in einer entsprechenden Regelmäßigkeit wahrgenommen wird, erspart das vielen jungen Menschen massive, oft irreparable Folgeschäden im Erwachsenleben, die dann vielleicht nur noch medikamentös beherrschbar sind“, betont Daniela Tüchler und ihre Kollegin Eva Maria Innerhofer, auch mit dem Appell an die Eltern, wenn Auffälligkeiten da sind, im Verhalten, in der Bewegung, im Alltag, nicht zu zögern, wenn es darum geht, Hilfe aufzusuchen.
Das Hermann-Gmeiner-Zentrum von SOS Kinderdorf (Moosburg/ Villach) steht ALLEN Kindern der Umgebung zur Verfügung und ist in dieser Form einzigartig in ganz Österreich.
Foto: SOS-Kinderdorf