Laut aktueller KSV1870 Insolvenzhochrechnung waren in den ersten neun Monaten 2022 in Kärnten 163 Unternehmen von einer Insolvenz betroffen. Das sind um 109 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres - und etwa 62 Insolvenzfälle weniger als im Jahr 2019, jenem Jahr, als von der Corona-Krise noch keine Rede war. Die meisten Insolvenzen verzeichnen die Branchen Handel, Gastronomie und die Bauwirtschaft. Parallel dazu haben sich auch die vorläufigen Passiva* um 59 Prozent auf 35 Mio. Euro erhöht. Die bis dato größte Firmenpleite betrifft die Hispano Suiza Engineering GmbH, Villach mit Passiva von 4,5 Mio. Euro.
In den ersten neun Monaten 2022 wurden 74 Insolvenzverfahren über Kärntner Unternehmen eröffnet. Zusätzlich führten 89 weitere Insolvenzanträge mangels Vermögens der Schuldner nicht zu eröffneten Verfahren. „In Summe sind 163 Unternehmen mit Verbindlichkeiten von 35 Millionen Euro insolvent“, berichtet Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standort Klagenfurt. Die Insolvenzexpertin analysiert: „Im heurigen Jahr wurde mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller Firmenpleiten mangels Kostendeckung abgewiesen – im Vorjahr waren es 48 Prozent. Einer der Gründe, warum dieser Wert zuletzt gestiegen ist, liegt darin, dass viele Betriebe schon längst Insolvenz anmelden hätten sollen und durch den Fortbetrieb auch die letzten finanziellen Mittel aufgebraucht wurden.“ Wenn keine Vermögenswerte mehr vorhanden sind, dann ist auch eine Sanierung nicht mehr möglich. „Die Folgen sind massiv. Menschen verlieren unnötigerweise ihre Arbeitsplätze und Gläubiger erhalten kein Geld, das ihnen aufgrund erbrachter Leistungen zusteht“, so Wiesler-Hofer.
Plus 59 Prozent bei den Passiva*
Neben den Unternehmensinsolvenzen selbst sind auch die vorläufigen Passiva* gestiegen – und zwar um 59 Prozent auf rund 35 Mio. Euro. Dies lässt sich im Wesentlichen auf zwei Fälle zurückführen: Das Konkursverfahren der Hispano Suiza Engineering GmbH, Villach (Passiva 4,5 Mio. Euro) und das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung der Innerkremser Seilbahnengesellschaft m.b.H. & Co Kommanditgesellschaft, Kremsbrücke (Passiva 3,3 Mio. Euro). „Trotz des Anstiegs im Vergleich zum Vorjahr, sind die Passiva in den ersten neun Monaten 2022 nicht auffällig hoch“, so Wiesler-Hofer. Nach wie vor dominieren kleine Betriebe aus dem Bereich des Handels, der Gastronomie und der Bauwirtschaft das Kärntner Insolvenzgeschehen.
Bundesländer-Vergleich: Kärnten auf Platz sechs im Ranking der Steigerungen
Im österreichweiten Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um 92 Prozent gestiegen. Es verzeichnen alle neun Bundesländer deutlich mehr Firmenpleiten als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Kärnten belegt im Bundesländervergleich mit 163 insolventen Firmen und einem Plus von 109 Prozent nach Oberösterreich (+ 165 %), Vorarlberg (+ 160,7 %), Niederösterreich (+ 135,1 %), Salzburg
(+ 118,9 %) und Tirol (+118,3%) die sechstgrößte Steigerung.
Ausblick: Entwicklung findet Fortsetzung
Die vom KSV1870 zuletzt prognostizierten Nachholeffekte bei den Unternehmensinsolvenzen sind wie erwartet eingetreten. Nichtsdestotrotz erwartet der KSV1870 auch im letzten Quartal 2022 keinen plötzlich eintretenden Insolvenzausbruch, sondern eine sukzessive Fortsetzung der jüngsten Entwicklung. „Diese Prognose geht zwar eher in Richtung Normalisierung, aber das beschleunigte Insolvenzgeschehen setzt der Wirtschaft in Kombination mit den Teuerungen, der Energiekrise und den Lieferkettenproblemen ordentlich zu. Aktuell herrscht eine Dynamisierung nach einer langen Phase der Stagnation“, so Wiesler-Hofer.
*) Die Passiva für die ersten drei Quartale 2022 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 15.09.2022. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern