Presseaussendung von: LHStv.in Prettner
LHStv.in Prettner: Laufendes Monitoring und weitere Beprobung von Kindern und jungen Erwachsenen als nächste Schritte zugesagt
Klagenfurt (LPD). Das Land Kärnten hat heute den vom Institut für Umwelthygiene an der Medizinischen Universität Wien erstellten und von Umweltbundesamt, Global 2000 und Greenpeace begleiteten Endbericht zu den HCB-Blutuntersuchungen für Umwelthygiene an der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Kundi veröffentlicht.
Bei 25 Personen wurde der Referenzwert überschritten, darunter auch 8 Kinder. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass 84 Prozent der 135 getesteten Menschen über dem österreichischen Durchschnittswert lagen. Die Notwendigkeit von weiteren Bluttests bei Kindern und jungen Erwachsenen, die Erkenntnis, dass die lebensmittelrechtlichen HCB-Grenzwerte für bereits belastete Personen keinen ausreichenden Schutz bieten sowie konkrete Empfehlungen für die Betroffenen, sind die wichtigsten Schlussfolgerungen des Reports.
Im Jänner 2015 nahmen 135 Personen an einer ersten von der Landessanitätsdirektion Kärnten organisierten Blutabnahme teil. Analysiert wurden die Blutproben vom Umweltbundesamt (UBA) in Wien. Die Einzelbefunde wurden allen Betroffenen bereits im März übermittelt, nunmehr wurde von Prof. Michael Kundi unter Mitarbeit von Prof. Dr. Hans-Peter Hutter und Doz. Dr. Hanns Moshammer der Endbericht fertig gestellt.„Nach Auswertung aller Daten lassen sich ganz klare medizinische Aussagen treffen: Die betroffene Bevölkerung weist, auch wenn man die Hintergrundbelastung einrechnet, deutlich erhöhte HCB-Werte im Blut auf. Diese Aufnahme erfolgte fast ausschließlich über die Nahrung“, erklärt Prof. Hutter, „da es keine österreichischen Referenzwerte für HCB gibt, wurde eine Vergleichsstichprobe aus der Österreichischen Ernährungsstudie 2010 bis 2012 gezogen. Signifikant erhöhte HCB-Werte haben sich sowohl bei Personen gezeigt, die in einem Abstand bis zu sieben Kilometer zum Zementwerk wohnen, als auch bei jenen, die häufig Produkte aus dem Görtschitztal konsumiert hatten.“Auf Basis der HCB-Messdaten in Futter- und Lebensmitteln und den nun vorliegenden Ergebnissen der Blutuntersuchungen kann ein eindeutiger Zusammenhang der festgestellten Belastungen mit den HCB-Emissionen bei Wietersdorfer hergestellt werden.
„Obwohl aufgrund der vorliegenden Messergebnisse eine unmittelbare, akute Gefährdung der Gesundheit nicht zu befürchten ist, haben Studien gezeigt, dass HCB als hormonell wirksamer Fremdstoff auch in niedrigen Konzentrationen bereits die Regulationsfähigkeit des Organismus einschränken und zu einer Belastung der Entgiftungs- und Stoffwechselvorgänge führen kann“, stellt Prof. Kundi fest: „Oberste Priorität aus medizinischer Sicht liegt deshalb darin, sicherzustellen, dass keine weitere HCB-Belastung der Menschen im Görtschitztal erfolgt.“Zudem wird zu einer möglichen Unterstützung der beschleunigten Ausscheidung die Einnahme von Pflanzenölen wie Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Rapsöl, Olivenöl oder Nussöl empfohlen. Die Ausnahme bildet wie bekannt Kürbiskernöl, vor dessen Konsum zum Zwecke der vermehrten Ausscheidung abzuraten ist.
„Der Bericht hat auch deutlich gemacht, dass die EU-weit geltenden HCB-Grenzwerte für Lebensmittel ganz und gar nicht sicher sind“, sagt Helmut Burtscher, Umweltchemiker von GLOBAL 2000, und fordert gemeinsam mit dem Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster die Bundesregierung auf, für eine Absenkung der bestehenden EU-Grenzwerte – insbesondere bei Milch und Fleisch – einzutreten. Es muss sichergestellt werden, dass zum Schutz der Menschen im Görtschitztal nur HCB-freie regionale Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden. Derzeit weisen zumindest Milchprodukte aus anderen Teilen Österreichs keine HCB-Belastung auf, wie laufende Greenpeace-Beprobungen ergeben haben.
„Wie etwa aktuelle Butteranalysen zeigen, ist bei Milchprodukten aus anderen Teilen Österreichs HCB nicht nachweisbar. Das gilt auch für die Produkte der Sonnenalm-Molkerei, die vorerst Rohmilch aus der Steiermark bezieht und sich laufend Prüfungen unterzieht. Diese Produkte können auch von Personen mit erhöhten HCB-Werten im Blut bedenkenlos konsumiert werden“, so Schuster.
„In einem weiteren Schritt wird ein laufendes Monitoring der bereits auf HCB getesteten Personen installiert, um Rückschlüsse auf den Abbau von HCB im menschlichen Organismus ziehen zu können“, erklärt Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner. „Zudem sollen nach einem positiven Votum der Ethikkommission auch zusätzliche Proben gewonnen werden, dies vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen“, so Prettner.
Der Bericht steht auf der Homepage des Landes Kärnten unter www.ktn.gv.at als Vollversion zum Download zur Verfügung. Kontakt bei Rückfragen zum Bericht: Medizinische Universität Wien, Assoz.-Prof DI Dr. Hans-Peter Hutter: 0681 2030 3161
Foto: Mein Klagenfurt/Archiv