Erste Messergebnisse liegen vor, Vergleichswerte werden Entwicklung der Bahn-Schallimmissionen über die nächsten Jahre zeigen.
Im Herbst 2020 wurde von den ÖBB und dem Land Kärnten eine Messstelle an der Bahnstrecke in Velden errichtet und in Betrieb genommen. Ziel ist, anhand von aussagekräftigem Datenmaterial eine sachliche Grundlage zur Entwicklung der Schall-Immissionen im Bereich der Wörthersee-Bahnstrecke zu liefern. Seit Anfang Oktober 2020 misst die Anlage 24 Stunden am Tag die Bahnschall-Emissionen direkt an der Strecke - an einer Stelle ohne Schallschutzwände. So wird über die nächsten Jahre die Entwicklung der Schall-Immissionen an der Strecke deutlich gemacht. Damit soll überprüft werden, in wieweit die laufenden Maßnahmen zur Reduktion von Schall-Immissionen wirken – etwa der Einsatz von modernen Güterwagen mit „leisen Bremsen“.
Das Projekt wird von externen Experten, dem Ziviltechnikerbüro Dr. Christian Kirisits, sowie vom Forschungsbereich der ÖBB-Infrastruktur AG wissenschaftlich begleitet und betreut. Ab sofort wird jedes Jahr im ersten Quartal ein Bericht über die Ergebnisse veröffentlicht werden. Der erste Messbericht ist jetzt im Internet unter ÖBB-Konzern - Wörthersee-Strecke Klagenfurt–Villach (oebb.at) abrufbar.
Die Messungen ermitteln Vorbeifahrtspegel, Dauer und Fahrzeugdaten jeder Zugvorbeifahrt. „Damit sind Aussagen zur Schall-Emission von Güterzügen möglich. Um eine Beurteilungsgröße für die Belästigung durch Schienenverkehr zu erhalten, werden alle Vorbeifahrten berücksichtigt und die Schall-Immissionen als Beurteilungspegel dargestellt“, erklärt Dr. Christian Kirisits.
Da die Messstelle noch kein ganzes Jahr in Betrieb ist, liegen keine Jahresdurchschnittswerte für 2020 vor. Aufgrund des geringeren Güterzugsaufkommens durch Covid, sind die Gesamt-Immissionen 2020 ohne Zweifel geringer als 2019. Der für die ersten Monate errechnete Beurteilungspegel (für ein Haus in 30 Meter Entfernung zur Bahnstrecke inklusive 2 m hoher Schallschutzwand, in 1,5 m Höhe über Gelände), liegt 2020 bei 46 dB (Tag) und 48 dB (Nacht). In 5 m Höhe (also in einem Obergeschoß) liegt bei den selben Parametern der Beurteilungspegel bei 52 dB (Tag) und 54 dB (Nacht).
Da sich die Schallintensität mit der Entfernung zur Schallquelle verringert, wurde für die Berechnung der Beurteilungspegel exemplarisch ein nahe der Strecke liegender Immissionsort, z.B. ein Haus, als Standard-Referenz gewählt. Weiter entfernte Gebäude weisen grundsätzlich geringere Schall-Immissionswerte auf, wobei es zusätzlich viele Effekte gibt, welche die Schall-Emissionen beeinflussen (Fahrzeugtypen, Betriebsprogramm), andere Effekte haben Einfluss auf die Schallausbreitung (Wind und Temperaturschichten, Abschirmung, Bodeneffekte etc.) und damit auf die Immissionen. Um solche Phänomene besser zu verstehen, arbeiten die ÖBB intensiv mit externen Partnern zusammen, wie z.B. der TU Wien oder der Akademie der Wissenschaften. Wie sich Schall ausbreitet, ist jedenfalls ein extrem komplexes Phänomen.
Silvia Angelo, Vorstandsdirektorin ÖBB-Infrastruktur AG: „Mit der neuen Messstelle können wir einen objektiven Überblick geben, wie sich die Schall-Immissionen auf der Strecke verändern. Wir setzen seit vielen Jahren eine Vielzahl an Maßnahmen, um an der Wörthersee-Strecke im Sinne der Anrainerinnen und Anrainer Schall zu reduzieren. Die Aufnahme der Wörthersee-Strecke in die EU Quieter Routes wird ab Dezember 2024 eine weitere deutliche Verringerung der Schall-Emissionen bringen, weil dann nur mehr leise Güterzüge auf der Strecke fahren dürfen.“
Mobilitätslandesrat Sebastian Schuschnig: „Der Schutz der Bevölkerung vor Bahnlärm ist im Zentralraum besonders wichtig. Gerade im Hinblick auf die neue Koralmbahn braucht es größtmögliche Transparenz für die betroffenen Anrainer. Mit der neuen Lärmmessstelle messen wir nun dauerhaft die Lärmbelastung an der Strecke nach objektiven und international vergleichbaren Kriterien, um einerseits die Entwicklung zu verfolgen, andererseits auch besonders lärmende Züge zu identifizieren. Diese Ergebnisse sind für jeden auch transparent in Form von Jahresberichten einsehbar. Besonders die Aufnahme der Wörtherseestrecke als „leisen Korridor“ wird ab 2024 die Lärmbelastung senken. Über den Lärmschutzfonds stellt das Land Kärnten bis dahin jährlich 1,5 Millionen Euro für Lärmschutzprojekte zur Verfügung, damit der Ausbau von Lärmschutzwänden rascher erfolgt. Wir sind mit den ÖBB in laufenden Gesprächen, auch sie haben Mittel für den schnelleren Ausbau von Lärmschutzwänden bereits zugesichert.“
Durch den vom Land Kärnten im Jänner 2021 beschlossenen Lärmschutzfonds können zügig weitere Schutzmaßnahmen an der Bahn umgesetzt werden, bzw. mittels schalltechnischer Untersuchungen neue Verbesserungen für die Bevölkerung erarbeitet und dann umgesetzt werden.
Bereits umgesetzte Maßnahmen zur Schall-Immissionsreduktion (Wörthersee-Strecke):
Hintergrund-Fakten:
Begriffs-Erklärungen:
Als Schall-Emissionen wird die Aussendung von Schall durch eine Schallquelle bezeichnet (also z.B. Zug am Gleis oder LKW auf der Straße).
Als Schall-Immissionen bezeichnet man die einwirkenden Geräusche, die an einer bestimmten Stelle ankommen, also z.B. beim Ohr des Menschen. Schall-Immissionen werden in der Regel (z.B. bei Lärmkarten) berechnet, aufgrund wissenschaftlich fundierter Grundlagen zu dem Thema, die von Experten über Jahrzehnte entwickelt worden sind.
Der Beurteilungspegel gilt als Maß für die Belästigung und bezieht sich auf Anzahl, Dauer und Höhe aller Vorbeifahrtsgeräusche über einen definierten Zeitraum (z.B. Jahresdurchschnitt, unterteilt in Tag- und Nachtpegel wobei Nacht von 22:00 – 6:00 Uhr ist).
Beurteilungspegel bzw. Lärmindizes sind international anerkannte Vergleichsgrößen. Für die Lärmkartierung ist es üblicherweise ein Jahresdurchschnitt, womit langfristige Auswirkungen am besten beschrieben werden können. Im Gegensatz zu kurzfristen Schallspitzen, die jederzeit und überall auftreten können (heulender Motor, schreiendes Kind, Notbremsung etc.).
Foto: ÖBB, Finker