BirdLife Österreich informiert über das große Sterben auf Feld und Wiese. Landschaft ohne Vögel ist eine tote Landschaft
Nicht nur unser Klima hat eine Krise, sondern auch die Natur. Auf Feld und Wiese findet ein massiver Verlust an Biodiversität statt, ein stilles aber großes Sterben der Feld- und Wiesenvögel. Seit 1980 verschwand europaweit mit rund 300 Millionen Brutpaaren mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Vögel in ländlichen Regionen. In Österreich ging die heimische Vogelpopulation auf Wiesen und Äckern in den letzten zwei Jahrzehnten im Schnitt um rund 40 Prozent zurück, bei einzelnen, ehemaligen „Allerweltsarten“ gar um 90 Prozent.
„Eine Landschaft ohne Vögel ist eine tote Landschaft. Ihre Vielfalt und ihr zahlenmäßiger Bestand gelten als verlässlicher Indikator des aktuellen Zustandes unserer Umwelt. Und dieser ist auf Feld und Wiese alarmierend!“, betont Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich. „Weil die Natur die Grundlage unserer Existenz ist, ist die Biodiversitätskrise eine existenzielle Krise für den Menschen!“
Bestandsentwicklung heimischer Agrarlandvögel: minus 40 Prozent im Schnitt
Die Langzeit-Forschung und alljährliche Bestandsüberwachung der heimischen Brutvögel der Vogelschutzorganisation zeigt: Bei etwa der Hälfte unserer 212 Brutvogelarten gibt es Handlungsbedarf! Dabei sind im Besonderen die Vögel auf Österreichs Wiesen und Felder die „Sorgenkinder“ des Vogelschutzes. In den letzten 22 Jahren gingen sie im Schnitt um 40 Prozent zurück, bei einzelnen Arten ist es sogar so dramatisch, dass die Bestände um 90 Prozent eingebrochen sind:
Grauammer: minus 91 Prozent, Girlitz: minus 85 Prozent, Rebhuhn: minus 84 Prozent. Das ist die traurige Bestandsentwicklung heimischer Feld- und Wiesenvögel seit 1998.
Ursachen des Sterbens auf Feld und Wiese
Weitgehend ist der Wandel der bäuerlichen Landwirtschaft zur industriellen Bearbeitung der Flächen für die starken Bestandsrückgänge ehemaliger „Allerweltsarten“ verantwortlich. „Wichtigster Treiber ist der Verlust an Struktur in diesem Lebensraum“, gibt Wichmann bekannt. Wichtiger Lebensraumelemente wie Wegränder, Feldraine, Brachen, Hecken oder Baumreihen gehen sukzessive verloren. Immer größeren Maschinen bearbeiten die Böden intensiv und versiegeln sie. Ebenso wichtig ist die Nahrung für unsere Vögel: Insektizide töten Insekten, Herbizide beseitigen Wildkräuter, beides sind lebensnotwendige Vogelnahrung. Auch die Art der Bewirtschaftung ist entscheidend: Regelmäßiges Düngen und allzu häufiges Mähen wandeln einst artenreiche Wiesen in überlebensfeindliche Flächen, auf denen zum Beispiel für die selten gewordenen Braunkehlchen zu wenig Zeit ist für die Jungenaufzucht. Die Folge: der Bruterfolg fehlt und die Populationen erlöschen.
Lichtblick für die Vogelwelt: 10 Prozent Flächen für die Natur
Nach einer langen Phase des Rückgangs stabilisiert sich seit einigen Jahren der Bestandsrückgang der Feld- und Wiesenvögel auf niedrigem Niveau. Einerseits profitieren manche Vogelarten von der zunehmend trockenen Witterung und andererseits haben Biodiversitätsflächen, insbesondere Brachen im Ackerland, eine positive Wirkung auf die Anzahl und das Vorkommen heimischer Brutvögel. „Die gute Nachricht ist also: unsere heimischen Feld- und Wiesenvögel wären noch zu retten“, weiß Ornithologe Wichmann. Um der Biodiversitätskrise Einhalt zu gebieten, braucht es auch in Österreich ambitioniertere Anstrengungen in der Umsetzung der Europäischen Agrarpolitik GAP, das haben die Evaluierungsergebnisse der vergangenen GAP-Förderperiode deutlich gemacht. „Um das Artensterben zu stoppen, benötigen wir auf den landwirtschaftlichen Flächen mindestens zehn Prozent Flächen für die Natur!“, fordert Gábor Wichmann. „Die neue Agrarpolitik muss landwirtschaftliche Betriebe fördern, die verbliebene Naturräume überleben lassen. Vor allem wertvolle Brachen, Streuwiesen oder Trockenrasen, aber auch Hutweiden und bunte Blumenwiesen brauchen verstärkten Schutz, damit es auch mit den Beständen der heimischen Feld- und Wiesenvögel wieder aufwärtsgeht!“
Foto: M. Dvorak